Stadtkirche St. Georg

 

Seit vielen Jahrhunderten steht unsere Kirche im geografischen Mittelpunkt von Schmalkalden als Stätte des Gottesdienstes, der Stille und der Anbetung.

Wir möchten Ihnen hier einen kurzen geschichtlichen Einblick gewähren und Ihnen mit Bildern Details unseres Gotteshauses zeigen. Und letztlich Sie vielleicht dazu zu animieren, diesem virtuellem Besuch unserer Kirche auch bald einen realen folgen zu lassen. Möglichkeiten gibt es dazu viele, zum einen können Sie sich einer Stadtführung anschliessen, zum anderen sind Sie herzlich zu unseren Gottesdiensten sonntags 10.30 Uhr eingeladen. Kirchenvorsteher oder Pfarrer nehmen sich gern Ihrer an und informieren Sie im Anschluss an die Gottesdienste.

Ausstattung

Viel Licht dringt von allen Seiten durch die hohen gotischen Fenster in den Innenraum. Alle haben sie einen kunstvollen, bei jedem Fenster anders gestalteten Abschluss. Wie der Turm bei jeder Kirche weisen sie nach oben als Hinweis, dass wir umfangen sind von einer “himmlischen Macht”. Im mittleren Fenster vorn ist deshalb auch die Auferstehung und die Himmelfahrt Jesu bildhaft dargestellt. Acht verschiedene Gewölbeformen – die wohl schönsten im Thüringer Raum – tragen den Kirchenhimmel.

Nach den Ereignissen von 1608 (Landgraf Moritz von Hessen liess allen Schmuck und Bilder aus den Kirchen entfernen) blieb die Ausstattung der Kirche auf die lithurgisch notwendigen Stücke – Altartisch, Kanzel, Taufe und Orgel – beschränkt.

Die Ausgestaltung des Innenraumes war nüchtern und kahl. 1898/99 war man bei einer durchgreifenden Restaurierung bemüht, durch eine neue Ausmalung den Purismus des 17. Jh. zu überwinden. Damals wurden auch die spätgotischen Brüstungsmalereien an der Westempore wieder aufgedeckt und erneuert. Sie bilden heute den wertvollsten Bestand der erhaltenen mittelalterlichen Ausstattung der Kirche. Die stark farbigen Tafeln schildern Ereignisse aus dem Leben Jesu. Desweiteren finden sich im Gottesraum ein gotischer Schrank, drei kunsthistorisch interessante Truhen, davon eine von 1560 unterhalb der Kanzel, welche auf der Vorderseite das vereinigte hessische und hennebergische Wappen zeigt. Die hölzerne Kanzel von 1669 ist mit reichen Ornamentschnitzereien versehen. Ein prächtiger Kronleuchter aus Messing (1642) schmückt festlich den Chorraum.

Dem Chorraum gegenüber stand bis zur vorletzten Restaurierung die grosse Barockorgel aus den Jahren 1690-1694.

Sie verdeckte das grosse Fenster zwischen den Türmen, das heute wieder den Innenraum von Westen her erhellt. Im Zweiten Weltkrieg war die Kirche St. Georg nicht von Beschädigungen verschont geblieben. Eine umfassende Wiederherstellung begann 1957. Sie brachte die Beseitigung der alten und den Bau einer modernen Orgel (39 Register, 3 Manuale) durch Orgelbauer Schuster aus Zittau mit sich. Ferner wurden die Emporen verändert und die Brüstungsgemälde erneut restauriert sowie die Ausmalung des Innern von 1899 beseitigt und die Fenster neu verglast. Die Entwürfe für die Glasmalereien der drei mittleren Chorfenster und des Westfensters schuf Carl Crodel. Das nördliche Fenster im Chor zeigt die in Resten erhaltene Verglasung von 1899, die eine Szene aus dem Gleichnis des barmherzigen Samariters darstellt.

Über der Sakristei befindet sich die ehemalige Paramentenkammer, heute als Lutherstube bezeichnet, die ein kleines Kirchenmuseum beherbergt. Hier soll sich Martin Luther bei seinem Aufenthalt in Schmalkalden während der morgendlichen Gottesdienste aufgewärmt haben, da ihm die kalte Stadtkirche aufgrund seiner Krankheit doch sehr zu schaffen machte. Zu den bemerkenswerten Ausstellungsstücken in der Lutherstube zählen ein sehr schönes Kreuzigungsgemälde im Stil der ersten Hälfte des 15. Jh. (mittelrheinisch) sowie ein dreiflügeliger Schnitzaltar, in dessen Mittelschrein die heilige Sippe dargestellt ist, und ein sitzender Schmerzensmann (Christus in der Rast) aus der Zeit um 1500. Die Gewölbe des Raumes sind im 16.Jh. mit pflanzlichen Motiven bemalt und in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts restauriert worden.

Die Türmerwohnung auf dem Süd-West-Turm war seit deren Errichtung 1571 bis 1935 durch den Turmwächter und seine Familie bewohnt. Seit dem Sommer 1996 können die Schmalkalder und ihre Gäste wieder einen wunderschön sanierten Kirchturm und aus dessen Türmerstübchen, das Besucher aus nah und fern anzieht, einen phantastischen Rundblick auf Schmalkalden und Umgebung geniessen.

Die Türmerstube hat von Mai bis Oktober Samstags von 10.30 bis 12.30 Uhr geöffnet. Hier einige Impressionen von der Türmerwohnung:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit der Wende 1989 wurde und wird weiterhin an der Stadtkirche restauriert. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Hessischen Landeskirche sowie der Stadt Schmalkalden und dem Land Thüringen konnten seit 1990 umfangreiche Arbeiten an der Stadtkirche durchgeführt werden. Letztes Jahr konnte nach der Innenrenovierung die Wiedereinweihung gefeiert werden.

Spieltisch der Orgel

Spieltisch der Orgel

Anlässlich der Restaurierung des Innenraumes wurde auch unsere Orgel einer gründlichen Generalreparatur unterzogen, so dass sie heute nicht nur äusserlich sondern auch mit neuer Stimme zum Lob Gottes erstrahlen kann.

Geschichtliches

Zu alter Zeit – seit dem 11.Jh. – hat im Schmalkalder Zentrum schon eine romanische Kirche gestanden. Als im Mittelalter unsere Stadt durch die berühmten “Schmalkalder Artikel” (Eisenwaren und Werkzeuge) reicher wurde, beschlossen die Stadtoberhäupter im Jahr 1437, eine repräsentative Kirche zu bauen. Da der Gottesdienst nicht ausfallen sollte, bauten sie die Wände der spätgotischen Kirche zunächst um die alte Kirche herum. Dabei liessen sie den romanischen Kirchturm stehen. Von aussen – zum Kirchhof zu – sieht man noch die “Naht”, wo alte und neue Kirche zusammenstossen und die romanischen Rundbogenfenster des heute höchsten (49m) der drei Türme.

Im Abschluss des Chorraums sieht man das Datum der Einweihung:

Anno domini MCCCCC completum est praesens opus – Im Jahr des Herrn 1500 ist vollendet worden das gegenwärtige Werk.

Bald darauf spielte unsere Kirche eine Rolle von weltweiter kirchenpolitischer Bedeutung. Hier wurde bereits seit 1525 evangelisch gepredigt Martin Luther kam 1537 hierher zur bedeutendsten Tagung des “Schmalkaldischen Bundes”. Der Papst hatte zu einem Konzil nach Mantua (Oberitalien) eingeladen, um die neue Lehre der Protestanten anzuhören. Luther bekam von seinem sächsischen Kurfürst Johann Friedrich den Auftrag, die neuen Glaubensartikel kürzer als in dem “Augsburger Bekenntnis” von 1530 zusammenzustellen. Diese Artikel, die hier in Schmalkalden vor 18 deutschen Fürsten, daneben Gesandten aus Frankreich und Dänemark, 28 freien Reichsstädten und 43 berühmten Theologen diskutiert wurden, gingen in die Geschichte ein als die “Schmalkaldischen Artikel”, die überall auf der Welt zu den Bekenntnisschriften der lutherischen Kirche gehören. An der Stelle, wo früher die Kanzel stand und heute Luthers Relief an der Säule zu sehen ist, sagte er in seiner Predigt am 09.02.1537 zum Beispiel:

Wenn du wissen willst, woher du und ich und alle Menschen kommen, so höre hier zu, ich will dir’s sagen: es ist Gott Vater, der Allmächtige, Schöpfer Himmels und der Erden, ein einiger Gott, der alles erschaffen hat und erhält. Jetzt weisst du es. Es ist eine schlichte Predigt und Lehre, aber dennoch hat sie nie kein Mensch – er sei so weise gewesen, als er immer gekonnt hat – finden können ohne den, der vom Himmel gekommen ist und uns solches offenbart hat, unser lieber Herr Jesus Christus.

Stadtkirche

Stadtkirche St. Georg

Bald nach diesen geschichtsträchtigen Tagen sind in unserer Kirche äusserliche Veränderungen geschehen. Draussen im neuen Nord-West-Turm – in dem heute übrigens die zweitgrösste Glocke Thüringens hängt, die “Grosse Oster” (72 Zentner) – wurde das Fenster zugemauert, aus dem heraus Ablassbriefe verkauft wurden. 1608 entfernte man katholische Altäre und Bildwerke aus der Kirche auf Geheiss des Landgrafen Moritz von Hessen. Nur die Bilder aus dem Leben Jesu von 1503 an der Orgelempore wurden einfach umgedreht und erst 1899 nach fast 300-jährigem Dornröschenschlaf neu entdeckt.

Ich hoffe, Sie mit diesen kurzen Beiträgen und den Bildern neugierig gemacht zu haben. Schauen Sie doch einfach nächsten Sonntag einmal rein in unsere Kirche. Sie werden überrascht sein, nicht nur historische, architektonische und sonstige Zeitzeugen anzutreffen, nein, hier gibt es tatsächlich auch eine funktionierende Gemeinde mit liebenswerten Mitgliedern, Pfarrern und einem Kirchenvorstand, welcher sich Ihrer gerne annimmt und Ihnen Freiraum zum Einbringen Ihrer Intentionen in den verschiedensten Gemeindekreisen gibt.

im Gottesdienst

im Gottesdienst

Sollte Ihr Anfahrtsweg nach Schmalkalden von längerer Dauer sein, so laden wir Sie ein, hier in unseren Räumen zu verweilen, sich zu entspannen, sich einzubringen und zum guten Schluss hoffentlich mit vielen neuen erzählenswerten Erfahrungen wieder gestärkt nach Hause zu fahren.

Gott sei mit Ihnen.

Uwe Johannes, Juli 2005

Quellen:

Infoblatt (Auslage in der Stadtkirche)

Evangelische Stadtkirche St. Georg Schmalkalden, Autor: Ernst Badstübner; ISBN 3-7954-5757-2